Die erste große Liebe

Für das Foto bedanke ich mich bei Jimmi Conover auf Unsplash.

Er fühlte sich wie hineingefallen. Hoppala – eben war ich noch gar nicht hier. Gott hatte sein Gehirn geschrumpft, obwohl es doch gerade erst entstanden war. Eben noch war er so ganz, teilte nichts mit niemandem. Er WAR. Und jetzt? Er öffnete die Augen, schrie, weil er noch spürte, wie unendlich kostbar das war, was er gerade verloren hatte. Doch blieb es leise in ihm drinnen. Denn er sah einen Spiegel. Große Augen sah er. Eine Hand umfing sein kleines Köpfchen. Sanfte Töne, die ihm irgendwie vertraut waren, holten ihn aus seinem Schmerz.

„Da bist du ja, mein Kleiner“ … er hörte nicht die Worte. Er spürte sie. Es war pure Liebe, Wärme, Geborgenheit. Aber diese schmerzhafte Lichtigkeit! Warum? Er hatte es doch so schön warm und gemütlich gehabt. So schön war dieses Schwimmen, das Munkeln, das an seine Ohren drang. Das Munkeln im Dunkeln. Warum? Warum war es ihm so eng geworden? Was war nur passiert? Was war ihm geschehen?

Seine Aufmerksamkeit wendete sich wieder den großen Augen zu. „So sehe ich aus?“ Er wurde hochgehoben und wieder abgelegt. Es war so weich. Wunderweich und schön war es, so zu liegen. Wunderwarm und weich.

Er spürte mitten in sich selbst ein eigenartiges Ziehen. Es bewegte sich nach oben. Es bewegte sich auf seinen Kopf zu. Und dann war es da. Dieses schmerzhafte Gefühl. Es war neu. Es war verbunden mit der Lichtigkeit. Es tat so weh. Er öffnete seinen Mund und … weiter hinten zog er sich zusammen. Er presste dort alles zusammen, gab all seinen neu erworbenen Atem hinein, presste, presste … was war das? „Uääääh …“ und stärker „uääääh … uääääääääh …“

Da war sie wieder, die Wärme in den Tönen, die er hörte: „Ach komm, was ist denn, mein Kleiner? Ist ja gut …“

Und im selben Moment wurde ihm dort, wo er sein Uäääh herausgelassen hatte, etwas hineingesteckt. Sein Sehnen fing an zu ziehen. Er zog an diesem Hineingesteckten. Er zog … zog … es war warm … es lief in ihn hinein. Sein Uäääh hatte aufgehört. Etwas Neues geschah. So viel Warmes kam herein bei diesem Ziehen. Es war süß. Es schmeckte nach Liebe. Es gab ihm Liebe. Wärme … mitten in ihm breitete sie sich aus. Er zog und zog … seine Augen hielten sich fest. Ganz fest an diesen großen Augen, seinem Spiegel. Die Wärme – sie war wieder da. Mitten in der Lichtigkeit. Das innere Ziehen hatte aufgehört. Alles war gut. Seine Augen fielen zu und er war wieder dort, wo er immer schon war, wo er immer sein wird. GANZ in sich, in seiner Mitte.

Mamma … Mama … lag erschöpft in ihren stützenden Kissen. Selig-lächelnd schaute sie in die Kamera. Ja, alle sollten es erfahren. Die ganze Welt lag ihr auf der Brust. Die ganze Welt mit all ihren Möglichkeiten, verdichtet in diesem kleinen Geschöpf, dem nun ein Name gehörte: Felix. Der Glückliche. Er sollte glücklich sein, ihr kleiner Gott-im-Kind. Ein ganz neuer Ruf war in die Welt gekommen. Ein Ruf in Gestalt eines Menschen. Und sie durfte ihm die Wärme sein, die er so sehr vermisste. Selig schlief sie ein …

© Ulrike Nikolai 2023-12-17

 

Nach der Veröffentlichung auf Story.One schrieben LeserInnen Kommentare:

  • Eine besondere "Gott-im-Kind"-Weihnachtsgeschichte, liebe Ulrike. Danke für diesen Blickwinkel auf das bevorstehende Fest. Ich wünsche dir liebe Menschen um dich, wenn du Weihnachten feierst und Gesundheit und viele Worte für neue, inspirierende Geschichten. LG Gabriele (Krele-Art)
  • Was für eine Geschichte! Ich bin völlig ergriffen, hab Tränen in den Augen. Danke für dieses Geschenk, liebe Ulrike! Da ist dir etwas ganz Wunderbares gelungen! 🧡🎁🙏🫶 (PoeSy)
  • ich bin zutiefst berührt, ja, eigentlich fehlen mir die worte. ich wünsche euch alles glück dieser erde!!! ....... (Erich Stöger)
  • Liebe Ulrike, es ist schon fantastisch wie ähnlich wir denken. Das Geburtsthema habe ich auch schon mal angepackt ;) Wunderbar, wenn die Hoffnung wieder mehr Platz einnimmt und der göttliche Funke überspringt. War mir wieder ein Vergnügen, wunderschön geschrieben :) (Chr. Hagelkrüys)
  • Du hast so wunderbare Worte gefunden für dieses göttliche Wunder, kosmische Schwingungen mit allen Facetten, wenn der Himmel die Erde berührt. (Brigitte Böck)
  • Liebe Ulrike, Felix, der Glückliche, der die Welt erst noch erkunden wird.🩷 Dir ist eine berührende Geschichte vom Wunder des Lebens, über die Freude der Geburt, aus der Feder geflossen😍✨️ (Silvia Peiker)

Kommentare