Eine lange Pfingstbrücke

Diese Geschichte ist sehr lang. Sie liest sich nicht eben mal so nebenbei. Daher bitte ich meine LeserInnen, sich bei Interesse dafür Zeit zu nehmen, denn sie beinhaltet die Heilung einer über 66 Jahre währenden Distanz zwischen zwei Personen, der Distanz zwischen einer Mutter und ihrer Tochter. Für mich ist sie die größte Wandlungsgeschichte meines Lebens. Ich habe sie für Dich und für Dich und für Dich aufgeschrieben ... danke fürs Lesen und für Deine Zeit!


Es gibt für jeden Menschen nur eine einzige Mutter. Es gibt nur diese eine Frau, die einen empfangen hat, diese eine Frau, die einen geboren hat, die einen umsorgt hat und bis zum Flüggewerden begleitet hat.

Von diesem einen Menschen soll meine Geschichte erzählen.

Sie beginnt erst zu einem späten Zeitpunkt in unserem gemeinsamen Leben, denn erst im Rückblick lassen sich Rätsel auflösen, die wie ein großes Fragezeichen den eigenen Lebensstrom begleiten.

 

Warum?

Warum hatte ich nicht ein solch warmes Gefühl zu meiner Mutter, wie ich es so oft bei meinen Freundinnen wahrnehmen konnte? „Ach, wenn meine Mutsch mal stirbt“, sagte etwa meine Freundin Renate mit Tränen in den Augen, „dann werde ich aber traurig sein.“ Oder meine Freundin Monika, die immer mit ihrer Mutter gut ausgekommen ist und die der alten über 90-jährigen Dame heute noch mit vielen Dingen zur Hand gehen darf, ohne dabei abgelehnt zu werden.

Warum konnte ich mit dem, was ich meiner  Mutter von Herzen gern geben wollte, nicht ankommen? „Hast du auch solche Schwierigkeiten mit deiner Mutter, wenn sie Hilfe braucht?“, fragte ich meine Nachbarin, deren Mutter zum Pflegefall geworden war. „Nein, sie ist so dankbar, wenn sie Hilfe bekommt. Sie ist wirklich pflegeleicht.“

Warum nur war meine Mutter mir gegenüber so misstrauisch? „Was macht ihr eigentlich mit mir?“, fragte sie mich oft, wenn sie etwas nicht mehr verstand und ich ihr etwas abnehmen wollte. Und dabei schaute sie mich richtig giftig an.

„Ja, ich bin ein schwieriger Mensch“, sagte sie einmal im Anflug von Selbsterkenntnis, woraufhin ich mir den folgenden irgendwo aufgeschnappten Spruch merkte und in Gesprächen auch hier und da verwendete: „Schau mal im Lexikon unter schwierig nach. Dort findest du eine Abbildung meiner Mutter.“

Manches Mal versuchte ich, die Probleme mit Humor zu betrachten. Aber das gelang nicht oft.

Warum?

 

„Verstehen kann man das Leben rückwärts; leben muß man es aber vorwärts.“

Das sagte Søren Kierkegaard, dänischer Schriftsteller, Theologe und Philosoph, bereits im 19. Jahrhundert. Keine Erkenntnis betrifft so sehr meine Muttergeschichte wie Kierkegaards Lebensweisheit.

Ich musste das Leben mit ihr erst bis zum Ende führen, um zu verstehen, was den Kern unserer oft schwierigen Beziehung ausmachte. Und als sich mir diese Büchse der Pandora öffnete, führte dies nicht zu einem Schaden, sondern dazu, endlich Heilung zu erfahren. Denn ich begriff schlagartig …

Nein … der Reihe nach:

Die letzte körperliche Berührung mit meiner Mutter hatte ich am 11.2.2020, als ich sie in ihrem Haus besuchte und mich von ihr verabschiedete. Diese Berührung werde ich nie vergessen, denn – rückwärts betrachtet – erkenne ich wie an keinem anderen Ereignis, was unser Seelenvertrag mich lehren sollte:

Bild von Susann Mielke auf Pixabay

Lerne loszulassen!

Doch bis zum endgültigen Loslassen dauerte es noch eine Weile …

 

An jenem Besuchstag war meine Mutter 90 Jahre alt. Sie hatte schon längere Zeit geklagt, sie habe keine vernünftige Hose mehr. Sie sei schon in der Stadt gewesen, aber sie wolle von den Verkäuferinnen, die sie im Laden angesprochen hätten, keine Ratschläge. Ich verstand ihr Problem, aber auch das der Verkäuferinnen, die meine Mutter vermutlich wie eine alte Obdachlose einstuften. Sie war ihr Leben lang ein sehr ordentlicher Mensch gewesen, aber in ihrem hohen Alter schaffte sie es einfach nicht mehr, sich zu pflegen und war zudem auch noch extrem sparsam. Sie ging nicht mehr zum Friseur, sie schnitt sich die Haare auf abenteuerliche Weise selbst. Ihr Fertighaus war noch von der Sorte, die nach 50 Jahren einen unverwechselbaren Geruch aufweisen, der sich an jede Materie heftet, die sich für nur kurze Zeit in dem Haus befindet. Der Besuch bei ihr war immer sehr unangenehm und erforderte anschließend Duschen und Wäschewechsel.

So hatte ich eine Idee. Mir war klar, dass es nicht möglich und für spätere Kunden eine Zumutung sein würde, mit ihr ein Textilgeschäft aufzusuchen, um dort Hosen anzuprobieren.

Da ich in einer Nähgruppe bin, in der jeder näht, was er möchte, wollte ich mich dem Problem auf andere Weise nähern. Ich wollte für meine Mutter eine sparsame Lösung finden. In meinem Wohnort gibt es eine Kleiderkammer, die Kleiderspenden annimmt, sie reinigt und wie in einem Laden nach Größen sortiert in Regalen und auf Ständern zum Kauf anbietet. Dort entdeckte ich drei wunderschöne blaue Jeans, für die ich nur sehr wenig Geld auszugeben brauchte. Meine Mutter hat immer gern Jeans getragen. Mit den drei Jeans besuchte ich meine Mutter in meiner von mir 45 Minuten entfernten Heimatstadt.

Es war ein sehr aufregender Nachmittag. Aufregend im positiven Sinne. Meine Mutter probierte alle drei Hosen an. Dabei staunte ich über ihre Beweglichkeit, die sie mit ihren 90 Jahren noch hatte. Sie zog die Hosen im Stehen an, ohne die Balance zu verlieren, lehnte sich in kritischen Momenten zur Unterstützung nur kurz an einen Schrank und freute sich wie ein kleines Mädchen über die mitgebrachten Hosen. Sie ging mit ihnen ans Tageslicht, drehte sich hin und her, begutachtete die Farbe und die Stoffqualität, ging zu ihrem großen Spiegel in der Garderobe und begeisterte sich für die kleinen modischen Strasssteinchen auf einer der Hosen, denn sie trug auch gern T-Shirts mit solchen modischen Details. Ihre Wangen röteten sich vor Freude. Es war eine ansteckende Energie, die von ihr ausging. Folglich auch von mir, denn ich freute mich ja mit ihr zusammen.

Nun passten die Hosen allerdings noch nicht. Eine war zu lang, zwei waren ein wenig zu weit. Für die weiten Hosen machte ich den Vorschlag, vielleicht einen Gürtel zu benutzen. Ich fragte sie, ob sie im Schlafzimmer einen passenden Gürtel habe. So gingen wir in ihr Schlafzimmer. Ich folgte ihr nur, nachdem ich sie gefragt hatte, ob ich mitkommen könne. Ich wusste, wie sensibel meine Mutter in diesem Punkt war. Nein – war eine ihrer häufigen Reaktionen, wenn es um ihre persönlichen Dinge ging. Oder: Das ist meins! Da sie mir aber zunickte, ging ich mit. Sie selbst öffnete ihren Schrank, sie selbst holte einen Bügel mit daran aufgehängten Gürteln hervor. Wir fanden dann einen, der ihr passte und den sie mit meiner Hilfe durch die Gürtelschlaufen an der etwas zu weiten Hose zog. „Ich nähe dir die Hose aber noch enger“, erklärte ich ihr. „Das ist kein Problem, wenn wir gleich einmal deine Taillenweite messen.“

Anschließend sortierten wir noch ihre neuen Posteingänge, bei denen sie immer Hilfe brauchte. Bei dieser Aufgabe argwöhnte sie oft, ich würde ihr etwas vorenthalten. Dabei wollte ich ihr nur bei den Dingen behilflich sein, die sie nicht mehr verstand. So schaffte ich bei diesen Besuchen immer nur einen Bruchteil dessen, was ich mit ihr regeln wollte. „Nein, lass mal, das will ich jetzt nicht.“ Sie war erwachsen, sie lebte ein selbstbestimmtes Leben. Ich war nicht mit ihrer Betreuung beauftragt. Also tranken wir noch eine Tasse Kaffee zusammen und ich fuhr nach Hause. Mit einem Zettel voller unerledigter Angelegenheiten.

Dieses Mal freute ich mich beim Verabschieden, dass ich wenigstens etwas für sie tun konnte. Ich hatte ihr eine Hose dagelassen, die sie vorläufig mit Gürtel tragen könnte. Die anderen – so hatte ich es ihr versprochen – würde ich ihr umgeschneidert wieder mitbringen. Beim nächsten Mal.

So verließ ich voller Vorfreude ihr Haus, umarmte sie und meinte doch tatsächlich, ganz unterschwellig wieder ihr Nein zu spüren. Ganz fein, fast unmerklich. Und als ich ihr dann zum Abschied ein Küsschen auf die Wange geben wollte, drehte sie ihr Gesicht weg.

Ich maß dem zunächst nicht allzu große Bedeutung bei. Oder steckte doch mehr dahinter? Zumindest berührte es mich sehr. Ja, es tat mir sogar im Herzen weh. Während der ganzen Rückfahrt versuchte ich, dieses Abwehren zu vergessen.

 

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Der Riss

Am nächsten Morgen fuhr ich zu meiner Nähgruppe. Sie wurde moderiert von einer Berufsschneiderin, die uns bei unseren individuellen Projekten mit Rat und Tat zur Seite stand. „Na Ulrike, was hast du denn heute vor?“, fragte sie mich zu Beginn. „Ich will für meine Mutter heute diese beiden Jeans umnähen. Den linken Hosentaschenbeutel will ich ihr größer nähen. Sie  hat mir nämlich erklärt, dass sie beim Einkaufen zur Sicherheit immer ihre Geldbörse in diese Tasche steckt. Außerdem will ich ihr oben einen Gummizug einnähen, dann sind die Hosen bequemer für sie. Auch ihre alte zerschlissene Hose, die sie so sehr geliebt hat, ist mit Gummizug in der Taille.“ „Du, pass auf“, meinte Marion, „das sind zwar tolle Ideen. Aber gib dir nicht zu viel Mühe. Du weißt doch …“

Ja, die Schneiderin wusste von den Problemen, die ich mit meiner Mutter hatte. Und leider sollte sie recht behalten.

Am selben Nachmittag rief ich in großer Vorfreude meine Mutter an. „Du, ich habe die zwei Hosen schon fertig“, teilte ich ihr begeistert mit und dachte, sie würde sich auch freuen. „Ach“, sagte sie ganz lapidar und in ziemlich lieblosem Ton, „ich mag das überhaupt nicht. Auch, wie du gestern in meinen Sachen herumgerakt hast. Einfach ins Schlafzimmer, meine Schranktüren auf und zu. Und überhaupt, diese Gürtel, die will ich nicht tragen. Und der Stoff von den Hosen, der passt auch nicht zu mir.“

Mir klappte die Kinnlade herunter. Mir fehlten die Worte. Ich schluckte. Dann begann ich Tacheles zu reden: „Wir haben das doch gestern alles miteinander abgesprochen. Ich hatte dir gesagt, ich wolle dir die Taschenbeutel vergrößern, oben Gummizüge einziehen, die Länge passend machen … und jetzt?“ „Ach lass das doch einfach.“ Ihr schroffer Ton tat weh. Ich war kurz vorm Weinen. Mein Herz wurde eng. Ich beendete dann das Gespräch, weil ich nichts mehr zu sagen hatte. Sie hingegen wollte mir weiter von ihren Problemen mit ihren Nachbarn erzählen. Aber dieses Mal schenkte ich ihr kein Ohr mehr für diese alltäglichen Querelen, die nur deswegen welche waren, weil sie das empfundene Problem nicht mit ihren Nachbarn selbst besprechen wollte. Also sagte ich: „Mutti, ich habe noch zu tun. Ich möchte jetzt aufhören.“ Wir verabschiedeten uns in einem seltsam sachlichen Ton. Und ich beendete die Beziehung. Vermutlich hätte ich sonst meinem Leben selbst ein Ende gesetzt. Es ist ja möglich, ganz schnell unbewusst etwas zu manifestieren, das einem die Rechtfertigung verschafft, nicht mehr zu Diensten sein zu können. Es wäre nicht einmal das erste Mal gewesen. Bis zu einer Grippe – passend zum Termin einer Vollmachtregelung beim Sparkassenangestellten meiner Mutter – war ich immerhin schon gekommen. Es war eine sehr schwere Grippe gewesen, die mir derzeit drei Wochen Pause verschafft hatte. Was sollte es beim nächsten Mal sein? Ein Herzinfarkt?

Bereits davor hatte ich schon viele Panikattacken nach ähnlichen Erlebnissen mit meiner Mutter gehabt. Manchmal hatte ich sogar geglaubt, ich müsse sterben. Nein, musste ich mir bei solchen Attacken immer wieder sagen, ich gehe nicht zuerst. Ich bin noch nicht dran.

So konnte es nicht weitergehen. „Dann ruf sie doch einfach nicht mehr an. Sie ruft doch sowieso nie bei uns an“, riet mir mein lieber Mann. „Das ist ja demütigend. Sie muss doch mal begreifen, dass man seine Tochter nicht wie einen Fußabtreter behandeln kann.“

„Aber sie kommt doch nicht allein zurecht“, argumentierte ich dagegen. „Ich kann sie doch in ihrer Unfähigkeit, die sie inzwischen offensichtlich in vielen Bereichen hat, nicht einfach hängen lassen.“ „Und wer hilft dir?“, fragte er daraufhin.

„Du musst deine Mutter mal auf den Pott setzen“, mischte sich meine Schwägerin ein, die wiederum ein ganz anderes Verhältnis zu ihrer ähnlich alten Mutter hatte. Wie ich beobachten konnte, war auch dieses nicht unproblematisch. Aber es konnte für mich kein Maßstab sein.

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Körpersprache

So besuchte ich erstmal einen Kardiologen. „Du solltest auf jeden Fall auch an dich denken“, hörte ich von allen Seiten. Und deswegen beschloss ich, mein Herz untersuchen zu lassen. Was war nur damit los?

Noch nie im Leben war ich bei einem Kardiologen gewesen. Tief in meinem Herzen sagte eine Stimme: Was willst du eigentlich dort? Was, wenn er etwas findet? Willst du dann für den Rest deines Lebens Medikamente nehmen wie deine Oma [väterlich], der man Angina pectoris diagnostiziert hatte? Weißt du noch, wie oft sie – schwer pustend - dieses kleine Schächtelchen öffnete, in dem eine durchsichtige Nitroglycerinkapsel lag? Weißt du noch, wie sie hastig mit der beiliegenden Sicherheitsnadel eine solche Kapsel anpiekste und sie dann unter ihre Zunge legte? Erinnerst du dich noch an ihren Seufzer, wenn sie es dann geschafft hatte, auf diese Weise Erleichterung zu empfinden?

Mein Gefühl und mein Verstand rangen miteinander. Während mein Gefühl ganz genau wusste, dass es andere Wege gab, widersprach mein Verstand, der genau wissen wollte, was in meinem Körper nicht funktionierte.

Die Untersuchung war sehr gründlich. Alle Möglichkeiten der Diagnose wurden in Anspruch genommen. Mit demselben Ergebnis bei allen Teiluntersuchungen: Alles in Ordnung. Als ich bei der Besprechung dem Arzt gegenübersaß und erleichtert zuhörte, stellte er mir eine entscheidende Frage, die mir bewies, dass auch er in der Lage war, nicht nur das in der Materie Sichtbare wahrzunehmen: „Sagen Sie mal, haben Sie in Ihrem Leben gerade irgendwelche Belastungen?“

Meine Seele fühlte sich verstanden! Und meine innere Stimme bat mich, dranzubleiben. Nicht mehr meinen Verstandesargumenten zu gehorchen, die mich immer wieder zu meiner Mutter drängen wollten, der ich doch meinte helfen zu müssen.

Ich spürte eine unendliche Güte, die aus meinem Herzen kam. Eine watteweiche Wärme, die mich von innen durchströmte. Ich ergab mich selig diesem inneren Engel.

eigenes Foto

Doch ein Spinnennetz ist für eine Fliege gefährlich

Das Spinnennetz gehört zu meiner Muttergeschichte. Ich verwendete dieses Bild sehr oft. Denn wie gefangen in einem klebrigen Gespinst - so fühlte ich mich immer wieder. Dieses Gespinst war mit der Zeit von vorne nach hinten gewandert, so als ob es mich von dort wieder einfangen könnte. Ich wollte mich frei fühlen. Ich wollte fliegen. Ich wollte mein Leben unbelastet von diesen unangenehmen Gefühlen der Verpflichtung leben oder wenigstens meine Hilfen angenommen wissen. Auch das hätte Fliegen für mich bedeutet. Es wäre eine Aktivität mit schönen Ergebnissen für uns beide gewesen – für meine Mutter und für mich. Doch war es mir einfach nicht gelungen. Es war uns nicht gelungen.

Warum???

Es lag doch hinter mir, dieses Schwere mit meiner Mutter. Ich selbst hatte doch den Faden durchgeschnitten. Und trotzdem gelang es mir einfach nicht, meine Mutterbeziehung als Vergangenheit zu betrachten. Wie oft saß ich abends auf dem Sofa, wollte mich auf einen Fernsehfilm oder ein Buch konzentrieren und spürte über meine rechte Schulter – ja, es war tatsächlich immer rechts - dieses klebrige Fangnetz herannahen. Ich brauchte mich nicht einmal umzudrehen, mich nicht einmal in seine Richtung zu bewegen. Es war aus sich selbst heraus übergriffig und machte mir mein Herz schwer.

„Sie haben sich von Ihrer Mutter distanziert“, sagte ein paar Tage später meine Hausärztin, mit der ich über das Untersuchungsergebnis vom Kardiologen und über diese seelische Dauerbelastung sprach. „Sie merken jetzt, wie gut Ihnen das tut“, stellte sie fest. „Aber Sie haben noch ein großes Problem.“ Ich stutzte. Was meinte sie? „Ihre Mutter lebt noch“, sagte sie. Dieser Satz ging mir durch und durch. Sofort meldete sich ein schreckliches Gefühl: Wünschte ich etwa insgeheim, sie möge sterben? „Ich werde Sie begleiten“, sagte die Ärztin. „Bis Sie es durchgestanden haben.“ Dann holte sie aus ihrem Medikamentenschränkchen ein homöopathisches Mittel, das mich auf der Seelenebene stärken sollte. Sie hatte mir schon unzählige Male durch Krisensituationen geholfen und so nahm ich diese Hilfe gern an.

Doch das Netz der Spinne war noch immer eine Gefahr für mich. Ich wusste, dass es mich umgehend wieder einfangen würde, wenn ich mich ihm näherte. Und dann würde die Spinne wieder meine Energien aussaugen.

Ich begegnete meiner Mutter nie wieder. Und doch schaffte sie es ein weiteres Mal, mich in ihre Energie zu ziehen.

Mein Mann war einmal so lieb, mit einer kurzen und effektiven Maßnahme die Not meiner Mutter zu lindern. Er kaufte für sie ein und brachte ihr die Sachen. Ich blieb so lange im Stadtkern meiner Heimatstadt und ließ es mir gut gehen. Ich schlenderte in Geschäften umher, setzte mich in ein Café. Natürlich ging es mir nicht gut dabei. Denn das emotionale Netz war ja nicht verschwunden. Und natürlich wollte ich von meinem Mann anschließend sofort wissen, wie sie dieses Mal reagiert hatte. „Das ist ja ganz lieb von dir, dass du mir das besorgt hast“, habe sie gesagt, „aber du bist nicht mein Kind.“ Und schon legten sich die Spinnenfäden wieder über mich. Es überwog nicht die Freude darüber, dass sie Hilfe angenommen hatte, sondern der Schmerz darüber, dass ich sie ihr nicht hatte geben können.

 

Ein Spiegel ohne Liebe

Nicht lange danach rief meine Mutter bei uns an. Ja, tatsächlich … sie rief an, nicht ich. Mein Mann war ans Telefon gegangen und sprach mit ihr über die Probleme ihres Alltags. Es gab da wohl einiges. Ich saß auf dem Nachbarsessel und ahnte nur, was sie sprach. Ich kannte ihre unermüdlich wiederholten Geschichten. Es ging um die Nachbarn, die noch immer nachts das Licht draußen brennen ließen, so dass sie nicht schlafen konnte. Es ging um ihren Garten, der ihr über den Kopf wuchs. Es ging um neue Kleidung für sie, die sie unbedingt brauchte. An den Antworten meines Mannes nahm ich wahr, dass sie dann begann, über mich zu sprechen. Wohl nicht in positivem Sinne – was hatte ich auch erwartet? Ich hielt es nicht länger aus, forderte den Hörer von meinem Mann, während sein Gesicht schon große Fragezeichen in den Raum sandte: Willst du es nicht lieber lassen – wie soll das gut werden? Es war mir egal in dem Moment. Ich wollte doch so gern mit ihr auf einen Nenner kommen. Es war ein Gefühl von „jetzt-oder-nie“. Im irdischen Sinne wurde es ein „nie“. Ich sagte ihr, ich wolle ihr doch auch nur helfen. Warum sie denn meine Hilfe nicht einfach annehmen könne. Dass ich sehr verzweifelt sei, weil sie mir gegenüber so misstrauisch sei. „Ja ja,“ sagte sie. „Du willst das alles für mich machen.

Aber wo ist denn die Liebe dabei?“

Da war er, der entscheidende Punkt! Sie empfand meine Hilfsangebote als lieblos. Und im selben Moment dachte ich, sie rede von ihrer Mutter. Von der Frau, der ich nie im Leben begegnen konnte, weil sie vor meiner Empfängnis an Krebs gestorben war. Von der Frau, die meine Mutter als Kind fein angezogen hat, die ihr kostbare Hornspangen für ihre langen Zöpfe gekauft hatte. Von der Frau, die meine Mutter durchs ganze Haus mit einem abgeschnittenen Gartenschlauch verfolgt und ihr mit Schlägen gedroht hatte, weil sie eine dieser Spangen beim Spielen verloren hatte. Wie oft schon hatte mir meine Mutter von meiner Oma in dieser Weise erzählt! Sie muss sie als sehr lieblos empfunden haben.

Und nun bekam ich diesen Vorwurf zu hören. Aber hatte ich ihr jemals so etwas gesagt oder angetan? Nie in meinem bis dahin bereits 66 Jahre währenden Leben!

Das Gespräch änderte sich. Sie weinte, ich weinte. Mein Herz klopfte. Und ich fand keine Worte mehr. Sie sagte: „Ich möchte mich doch so gern ändern und lieb sein.“ Ihre Worte waren wie die eines Kindes, das um die Liebe seiner Mutter bettelt. Redete sie überhaupt mit mir? Ich sagte: „Mutti, ich bin wirklich verzweifelt. Ich kann dir doch nur helfen, wenn du dir helfen lässt.“

Aber wir waren wie die beiden Königskinder, die nicht zusammenkommen können, weil das Wasser viel zu tief und die Brücke von Ufer zu Ufer defekt ist.

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Sie schwieg. Ich schwieg. Nach einer Weile sagte ich: „Lass uns aufhören damit.“ Und sie sagte nur „ja“ und legte auf.

Und jetzt – in diesem Moment, in dem ich das schreibe – kommen mir tatsächlich noch einmal die Tränen, obwohl diese ganze Emotionalität längst aufgeräumt ist und ich heute weiß, welchen Seelenvertrag wir zwei im Himmel hatten. Aber bis zur Auflösung dauerte es noch eine Weile.

Es war das letzte Gespräch mit ihr. Ich heulte Rotz und Wasser. Sie vermutlich auch. 

 

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Meine Trauerzeit begann

Dann schickte uns das Leben neue Herausforderungen. Mein Bruder – weit entfernt wohnend - und ich beschlossen, eine Betreuung für unsere Mutter anzuregen. Wenn sie sich von uns nicht helfen lassen wollte, dann wollten wir ihr wenigstens eine Unterstützung von amtlicher Seite aus bieten. Das war keineswegs liebevoller. Aber das Liebevolle zu manifestieren gelang uns einfach nicht. Jede Form von Berührung führte zu immer neuen Schmerzen.

Mein Bruder und ich waren allerdings der Meinung, man könne sie in ihrem Ungemach doch nicht einfach hängenlassen. So wurde recht schnell eine Betreuung festgesetzt, denn der Bericht, den ich zu dem Zweck schrieb, führte umgehend zu der Überzeugung, dass es sich bei meiner Mutter um eine in recht vielen Belangen hilfsbedürftige Person handle. Zwar hatte ich nun das Gefühl, erstmal etwas aufatmen zu können, allerdings konnte auch die außerordentlich nette Betreuerin nichts ausrichten, denn auch bei ihr verweigerte meine Mutter alle Angebote, eine Hilfe organisiert zu bekommen. Es fing oft schon damit an, dass sie die Tür nicht öffnete, wenn die Betreuerin ihr etwa Geld zum Einkaufen bringen wollte, weil meine Mutter den Kassenautomaten nicht mehr bedienen konnte. Unsere Erleichterung war nur gering, denn die Betreuerin sagte, auch sie könne nichts ausrichten, wenn meine Mutter nicht mitspiele.

So sah ich vor meinem geistigen Auge meine Mutter, die auf einem Ohr taub, auf dem anderen schwerhörig war und zudem nur noch schlecht sehen konnte, auf abenteuerliche Weise zum Einkaufen eine gefährliche Straße überqueren. In meinen schlimmsten Albträumen verursachte sie bei solch einer Gelegenheit einen Unfall, bei dem andere Beteiligte geschädigt werden könnten.

„Es muss erst etwas passieren“, erklärte mir dann auch eines Tages die Betreuerin, als ich wieder einmal meine Sorgen äußerte. „Vorher kann und darf ich nichts tun.“ Und wieder überlegte ich, ob ich meiner Mutter nicht doch erklären sollte, dass das so nicht weitergehen könne. Plakativ gesagt: Sie gehorchte nicht mehr. So sah ich mich keineswegs – als ihre Mutter, die ihr sagt, was sie zu tun und zu lassen hat. Sie hatte mir nicht zu gehorchen. Und das erwartete ich auch nicht von ihr. Aber:

 

Warum?

Warum nur war meine Mutter mir gegenüber so misstrauisch? „Was macht ihr eigentlich mit mir?“, fragte sie mich oft, wenn sie etwas nicht mehr verstand und ich ihr etwas abnehmen wollte. Und dabei schaute sie mich richtig giftig an.

Warum?

 

Und dann passierte etwas

“Wenn ihr mich in ein Heim steckt, dann sterbe ich bald.”

Das hatte meine Mutter mit zunehmendem Alter viele Male angekündigt. Sie hatte wohl gehofft, eines Tages in ihrem Haus einfach einzuschlafen. Dies war ihr geheimer Wunsch gewesen. Und er wäre auch fast in Erfüllung gegangen. Doch es kam anders.

Alles verlief noch nach ihrem Wunsch. Sie kaufte ein. Allein. Sie erhielt das Geld dazu von ihrer Betreuerin, für die es gerichtliche Festsetzungen zur Regelung der Finanzen gab. Alles andere machte meine Mutter weiterhin allein. Allein. Sie suchte ihren Zahnarzt am anderen Ende der Stadt. Allein. Sie kam nie dort an, fand aber immer den Weg zurück. Sie konnte doch alles allein. Alles alles!

Doch ihre Angst war groß. Ihre Angst vor Veränderung. Sie wollte nicht ins Heim. Doch das Leben hat seine eigenen Gesetze. Es folgt den tief in der Seele versteckten Wünschen der Menschen. Und es folgt auch ihren Ängsten, die sich in jeder Verneinung äußern. Nicht ins Heim! Das Wort “nicht” ist dem Leben unbekannt. Denn das Leben lebt. Immer! Und wenn wir vehement äußern, was wir auf gar keinen Fall wollen, dann tut das Leben genau das Gegenteil. Es schickt uns das Ungewollte, weil wir genau das ablehnen, weil genau das zu unserer Ganzheit fehlt.

 

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So bahnte sich das Schicksal seinen Weg

Meine Mutter verlor ihren Haustürschlüssel. Nach dem Einkaufen fand sie ihn nicht mehr. Sie kam nicht mehr ins Haus. Da stand sie nun vor der Tür. Allein. Was tun? Aufregung eroberte ihren Körper, kroch in jede ihrer Zellen. Was tun? Niemand hatte einen Schlüssel. Viele Male hatte sie abgelehnt, einen Schlüssel bei jemand anders zu hinterlegen. Was tun? Sie zitterte. Angst überfiel sie. Entzog ihr den Boden unter den Füßen. Was tun?

Sie überwand ihre Ablehnung gegenüber ihrer Nachbarin. Sie drückte zaghaft auf deren Klingelknopf. Ihre Nachbarin war nett, bat sie herein. Hilfe? War nicht zu erwarten. Die Nachbarin war dement und wusste keinen Rat. Erst viele Stunden später kam der Sohn ihrer Nachbarin von der Arbeit nach Hause. Der bestellte einen Schlüsseldienst. Das Problem war schnell gelöst. Nun war sie wieder allein. Allein! Niemand wusste, wie es ihr nach der Aufregung ging. Ihr Wunsch war kurz davor, sich zu erfüllen.

„Wenn ihr mich in ein Heim bringt, dann lebe ich nicht mehr lange.“ Ich bin sicher, sie wollte zuhause einfach einschlafen.

Zwei Tage später rief mein Bruder bei ihr an. Sie redete durcheinander. „Die haben da alles vollgemacht. Das klebt überall. Ich kann nicht mehr ins Bett. Ich liege hier auf dem Teppich.“ Bei meinem Bruder schrillten die Alarmglocken. “Mutti, leg auf, ich hole sofort Hilfe!” – „Nein, das tust du nicht …”, hörte er sie noch zetern, legte sofort auf und telefonierte zuerst mit mir, was ich darüber denken würde, etwas zu unternehmen. „Sofort handeln!“, rief ich nur ins Telefon und wir legten auf.

Großeinsatz: Rettungsdienst für den Menschen, Feuerwehr zum Öffnen der Tür, Polizei für die Ordnung.

Sie wurde gerettet. In der letzten Minute. Sie lag in einer riesigen Blutlache auf dem Fußboden. Sie hatte überall im Haus Muster hinterlassen. Rhythmische Blutspuren, die auf eine Krampfaderblutung hinwiesen. Sie kam ins Krankenhaus. Für eine Woche, dann musste ihre Station geschlossen werden. Wegen eines Coronafalls. Und meine Mutter? Nach Hause? Undenkbar bei ihrer Schwäche. Also fand die Betreuerin für sie den letzten Kurzzeitpflegeplatz in der Stadt. Welch ein Glück! dachten wir Kinder.

Am Tag ihres Umzugs war ich ihr noch einmal sehr nahe, ohne dass sie es wusste.

Was für eine Fügung, dachte ich, als ich erfuhr, dass sie ausgerechnet an dem Tag ins Heim ziehen sollte, an dem ich nur zwei Straßen weiter einen Termin in einer Arztpraxis hatte. Den hatte ich schon lange vorher bekommen. Ich hatte nämlich zu der Zeit massive Probleme mit dem Magen und wollte sehen, ob sich meine ständigen Beschwerden schon in einer ernstzunehmenden Krankheit manifestiert hatten.  Zu dem Zeitpunkt brauchte ich einen konkreten Blick darauf, wenn ich auch Angst vor dem Ergebnis hatte. Also stand für mich eine Magenspiegelung an.

Nach gründlichen Recherchen im Internet war meine Wahl auf diesen Gastroenterologen gefallen, der zufällig direkt neben dem Haus seine Praxis hatte, in dem ich als Kind von 1955 bis 1971 in einer Mietwohnung unterm Dach gelebt habe. Und dann kam eben noch dieser Zufall der Nähe zu dem Heim dazu, in das meine Mutter genau an dem Tag einzog. Verrückt irgendwie!

Das Ergebnis meiner Untersuchung war ziemlich bedenklich, zumindest entließ mich der Arzt mit dem Rat, mich spätestens in einem Jahr wieder vorzustellen, denn auf so einer entzündeten Magenschleimhaut könne sich durchaus ein Magenkrebs entwickeln. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass im Moment der Diagnosemitteilung eine Stimme in mir lachte und sagte: „Nein, nein, ich bekomme keinen Magenkrebs. Ich komme auch in einem Jahr nicht wieder, weil ich ja keinen Magenkrebs bekomme.“ Stimmt! Ich bekam ihn nicht und bekomme ihn auch nicht mehr. Heute weiß ich das.

Nun kam bald der Zeitpunkt, an dem die Betreuerin vom Gericht aufgefordert wurde, uns Kinder zu fragen, was mit unserem Elternhaus geschehen solle. Wir beschlossen, das Haus zu verkaufen. Es würde komplett durchrenoviert werden müssen, doch wollten wir keine Energie mehr hineinstecken. Das sollte dann ein Käufer nach seinen eigenen Vorstellungen durchführen.

Es gab mehrere Interessenten und bald war der Verkauf in trockenen Tüchern. Für uns bedeutete das, dass wir das Haus leeren mussten.

 

Warum?

Warum hatte ich nicht ein solch warmes Gefühl zu meiner Mutter, wie ich es so oft bei meinen Freundinnen wahrnehmen konnte?

Warum?

Wenn ich heute zurückblicke, muss ich an ein Suchspiel denken, bei dem jemand nach einem versteckten Gegenstand sucht, während er die helfenden Hinweise „kalt, kälter, noch kälter“ oder „warm, wärmer, heiß“ erhält, die ihn schneller zum Ziel führen.

Warum?

Mein Bruder wollte aus Süddeutschland kommen und bei der großen Aufgabe des Sortierens und Entrümpelns helfen. Was für ein Marathonlauf! Wir wussten zu Beginn nicht, was auf uns zukommen würde. Da das Entrümpelungsunternehmen alles aus dem Haus Geschaffte gewogen hat, wussten wir später, dass es mehr als 30 Tonnen Materie waren, die das Holzhaus hatten ächzen lassen. Doch haben wir das mit vereinten Kräften gut bewältigt.

Was so ein Ehepaar, das in der Kriegszeit seine Kindheit durchlebt hat, alles aufbewahrt hat, ist schon beeindruckend! Einerseits war ich entsetzt, aber andererseits bekam ich gerade aus dem Grunde endlich die Antwort auf mein lebenslanges

WARUM?

„Was möchtest du denn aus dem Haus noch für dich mitnehmen?“, fragte mein Bruder, als er sich einmal allein für ein paar Tage dort tummeln wollte, um ein paar ihm wichtige Dinge zu suchen. „Du, ich möchte im Grunde gar nichts davon. Allem haftet dieser muffige Hausgeruch an. Und verkaufen lassen sich die Sachen auch nicht. Wer will so etwas haben? Es gibt nur eine Ausnahme. Muttis Briefe. Falls dir die irgendwo über den Weg laufen sollten, dann gib mir bitte sofort Bescheid. Mutti hat immer wieder betont, dass ich die alle lesen könne, wenn sie mal nicht mehr da ist.“

Wenn sie mal nicht mehr da ist. Für mich bedeutete das immer: Wenn sie mal nicht mehr lebt. Aber nun durfte ich es anders verstehen. Sie war ja nicht mehr da – in ihrem Haus.

So waren wir uns sofort einig. Es sollte keine Konflikte geben, denn an diesen Briefen hatte mein Bruder überhaupt kein Interesse.

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Die Entdeckung!

Diese Passage erfordert von mir – und auch von Dir, liebe/r LeserIn – ein Hüpfen in der Zeit. Das ist unbedingt erforderlich, denn ich spüre gerade jetzt beim Schreiben, dass ich nicht allein bin. Dass meine am 21.5.2022 in den Himmel gegangene Mutter nicht nur bei mir ist, sondern sogar in mir wirkt. Sie hat Einfluss auf das, was ich schreibe. Sie stimmt zu oder lehnt ab. Ich setze daher den gegenwärtigen Text kursiv, so dass deutlich wird, dass ich aus dem JETZT erzähle, um dann wieder in die Vergangenheit zurückzukehren. Ein dramaturgischer Winkelzug sozusagen, der deutlich machen wird, dass wir niemals voneinander getrennt sind, selbst wenn unsere Lieben keinen irdischen Körper mehr bewohnen.

Gestern Abend habe ich in den aus meinem Elternhaus mitgenommenen Dingen recherchiert. Ich weiß ganz genau, dass ich in diesem Nachlass, in den Briefen, die ich mitnahm, noch vor dem Himmelsgang meiner Mutter Exemplare fand, aus denen hervorging,

dass ich zwar auf dem Strahl der Liebe vom Himmel gekommen war, dass ich aber – wie meine Mutter es mehrmals betont hat – einfach nur zu früh kam. Meine Eltern waren noch nicht verheiratet, mein Vater war mitten in einem anstrengenden Studium und nur meine Mutter brachte durch ihre Arbeit in einer Autofirma etwas Geld in die Beziehung. Sie wohnten noch nicht zusammen und ein Kind in dieser Beziehung wurde als absolut unerwünscht empfunden. Was sollten die Leute denken? Wie sollten meine Eltern ihr Leben finanzieren? Wie sollte mein Vater sein Studium beenden? Nein, ein Kind durfte noch nicht sein!

All das hat meine Mutter mir oft erzählt. Ich wusste, dass ich auf merkwürdige Weise zu meinen Eltern gekommen war, ganz entgegen den vorangegangenen Beruhigungen des Frauenarztes meiner Mutter, der ihr gesagt hatte, ihre Voraussetzungen für eine Schwangerschaft seien denkbar ungünstig. Sie müsse sich bei Kinderwunsch sogar erst einem kleinen operativen Eingriff unterziehen, wenn sie dann mal schwanger werden wolle.

Ich schien es besser zu wissen und habe mich durchs Labyrinth der beruhigenden und mich abwehrenden Parameter gewuselt, die in den Köpfen meiner Eltern herumgeisterten.

Wie schlimm das Ergebnis ihrer sorglosen Liebe dann für sie war, sollte ich erst erfahren, als meine Mutter ins Heim gezogen war und für mich das Licht auf Grün umsprang für das Lesen ihres damaligen Briefwechsels mit meinem Vater. „Du darfst das alles mal lesen, wenn ich nicht mehr da bin.“ Und „da“ war sie nun nicht mehr. In ihrem Zuhause. In dem sie stets die Hand vor alles hielt, was für mich so lange verschlossen bleiben sollte, bis sie mir nichts mehr würde erklären müssen. Oder gestehen müssen.

Gestern nun, als ich an diesen entscheidenden Punkt in meiner Lebensbiografie kam, den sie mir niemals hätte erzählen können, suchte ich die Briefe, aus denen ich erfuhr, was sie damals alles unternommen hatte, um frei von mir zu sein. Und das Merkwürdige ist: Ich finde die Briefe nicht mehr! So als ob sie mir persönlich sehr wohl offenbaren wollte, was wirklich geschah, andererseits jetzt aber nicht will, dass ich davon erzähle. Doch unterschätzt sie mein Gedächtnis. Und die Chance, dass wir gemeinsam an diesem Punkt eine großartige Heilung erfahren, die sie auch als himmlisches Wesen in eine neue Inkarnation mitnehmen kann. Ja, so weit möchte ich jetzt gehen. Denn ich weiß, dass es keine Trennung gibt. Was aus der Einheit kommt, wird ewig in Einheit bleiben.

Liebe Mutti, lass uns diesen Weg jetzt endlich gemeinsam gehen! Das Dunkle soll auch für andere sichtbar werden, denn sie können daran erkennen, dass es nur einen Schritt über den Abgrund braucht, um die Schatten  in unserem Leben so zu heilen, dass sie sich nie wieder an uns heften. Lass uns jetzt fliegen! Das klebrige Netz wird sich auflösen. Wir werden beide im größtmöglichen Glücksgefühl unseren Lebensweg fortsetzen. In völliger Freiheit!

DANKE!

Die Auflösung geschah am 25. April des Jahres 2021. Meine Mutter war bereits fast ein halbes Jahr im Heim, als ich an diesem Tag ihre persönlichen Dinge im Schlafzimmer sichtete. Es war an der Zeit, das Haus zu leeren und ich ging dabei sehr sorgfältig vor. In ihrem Kleiderschrank fand ich das Briefbündel der Korrespondenz zwischen ihr und meinem Vater. Durfte ich es schon öffnen? 

 

Ich hatte wohl schon über ein Jahr lang keinen Kontakt mit ihr gehabt. Im irdischen Sinne hatten wir uns weit voneinander entfernt. Und ich erinnerte mich wieder an ihren mehrfach ermutigend ausgesprochenen Satz: „Wenn ich mal nicht mehr da bin …“

Ein eigenartiges Kribbeln machte sich auf meiner Haut bemerkbar. Meine Mutter schien mir plötzlich näher zu sein, als ich sie jemals empfunden hatte. Aber es war kein Impuls da, die Briefe sofort zu öffnen. Und das war gut so, denn ich sollte die Entdeckung meines Lebens machen. Eine Entdeckung, die alle Felsbrocken, die sich im Laufe meines Lebens gestapelt hatten, auf einmal zum Rollen brachte.

WARUM?

Was will sie mir sagen, wenn sie mal nicht mehr „da“ ist?

Ich legte den Briefstapel in einen mitgebrachten Plastikkorb und nahm mir vor, ihn ganz in Ruhe zuhause zu lesen. Ich war zwar gespannt wie ein Flitzebogen, aber mitten in diesem Gerümpel wollte ich mich dieser Kostbarkeit nicht widmen.

Am selben Tag fand ich auf dem Dachboden noch mehr Korrespondenz. Hunderte von Briefen aus ihrer gesamten Lebenszeit als Erwachsene füllten weitere Kartons. Gemischt mit Tausenden von Belegen, Quittungen und anderem völlig nutzlosen Papierkram.

Ich stöhnte. Aber innerlich sagte mir eine Stimme: Wart’s doch erstmal ab, vielleicht … ja … was denn eigentlich?

Und von dem Tag an las ich … abends, wenn ich zur Ruhe kam. Wenn ich mal wieder einen Tag lang sortiert, geräumt hatte, körperlich kaputt war. Es kam ja auch immer noch die Hin- und Rückfahrt von je 45 km dazu.

Natürlich stürzte ich mich sofort auf die Briefe, die durch ihre Anschrift verrieten, dass sie meine Eltern verbanden. Und in dieser Serie natürlich zuerst auf diejenigen, die die Zeit vor meiner Entstehung abdeckten. Es gab merkwürdige Ahnungen in mir. Schließlich erinnerte ich mich ja an diese häufig wiederholten Sätze: „Es war eine schlimme Zeit für uns. Wir hatten nichts. Du warst einfach zu früh …“ Und ich wusste ja, dass ich im ersten Lebensjahr eine Pflegemutter hatte, die mich liebevoll aufnahm, als die Not meiner Eltern am größten war. Es war die Halbschwester meines Vaters. Sie war 18 Jahre älter als er und hätte seine Mutter sein können. Als ich auf die Welt kam, waren ihre eigenen Töchter schon Teenager und sie hatte Erfahrung in der Kinderpflege. So kam ich unter auf dem Bauernhof, auf dem auch mein Vater aufgewachsen war. Mein Vater studierte fern von zuhause und beide Eltern bekamen mich bestenfalls am Wochenende zu sehen. War schon mein Ankommen schlecht terminiert gewesen, fehlte nun auch noch die wichtige Zeit der ersten Bindung zwischen Mutter und Kind!

Und nun geht es chronologisch weiter, denn ich weiß ja von meiner Mutter persönlich, wann ich „ihnen passiert war“.

Die Briefe meiner Mutter werde ich nur inhaltlich nacherzählen können. Der Wortlaut soll es nicht sein, denn sie sind einfach nicht wiederauffindbar.

 

Die Briefe und die Antwort auf die eine Frage: WARUM?

11.5.1953 - Mein Vater schreibt 13 Tage vor meinem Twist zur Erde von seinem Studentenzimmer aus:

Ganz mein liebes Honey!

„When the stars are twinkling in the sky – wish you were here, wish you were here …“ singt und klingt es soeben zum Mittagessen vom Nachttisch herüber. Honey: Das gilt Dir! Und mir, uns beiden also. Glück muß man haben.

Es folgt so viel Liebevolles, Neckisches, Persönliches, aus dem hervorgeht, wie groß die Liebe zwischen meinen Eltern derzeit war. Sie kannten sich schon mindestens fünf Jahre und eine Hochzeit war wohl schon beschlossene Sache – nach Studium und Berufsbeginn natürlich erst!

Natürlich gibt es keine Post um Pfingsten herum. Denn zu der Zeit waren meine Eltern ja zusammen. Und am intensivsten am 24. Mai. Im Jahr 1953. Mit MIR!

Ich setze ab jetzt in Klammern hinzu, wie lange ich schon unerkannt im Irdischen weilte:

15.6.1953 (22 Tage) – Mein Vater studiert:

Er erzählt von seinem sehr arbeitsintensiven Studium.

19.6.1953 (26 Tage) – Mein Vater studiert – und ich?

Er spricht von 1. Liebe, 2. Liebe, 3. Liebe, von Gefühlen, die mit ungeheurer Gewalt an das Tageslicht dringen, die also aus den verborgensten Winkeln des Herzens oder der Seele plötzlich in‘s Oberbewußtsein schießen und ihre Gegenwart anmelden.

Und ich dachte beim Lesen: Wann schieße ich denn endlich ins Oberbewusstsein? Wie geht es meiner Mutter mit mir im Bauch? Ist ihre fast zweiwöchige „Überfälligkeit“ noch kein Thema?

25.6.1953 (32 Tage = 4 Wochen und 4 Tage) – Mein Vater hat meine Mutter länger als einen Monat nicht gesehen. Er musste studieren, studieren, studieren. Es folgen Liebeserklärungen, Worte der Vorfreude … meine Spannung beim Lesen wuchs. Was nun? Wann trete ich ins Bewusstsein meiner Eltern? Es ist doch unmöglich, dass meine Mutter mich noch nicht wahrnimmt!

10.7.1953 (47 Tage, fast 7 Wochen!) - Mein Vater schreibt aus seinem Studentenzimmer. Nach anstrengenden Studien und Prüfungen lechzt er nur noch nach Schlaf. Doch dann geht er endlich auf das Befinden meiner Mutter ein, die sich zuhause bei ihrem Vater, 80 km entfernt von ihrem geliebten Freund befindet:

Honey: Ich hoffe, daß es Dir inzwischen etwas besser ergehe als aus den von Dir verfassten Zeilen ersichtlich. Das habe ich nicht so gerne! Mit süßsaurem Lächeln habe ich von Deinen teils weniger erfreulichen Erlebnissen Kenntnis genommen. Wie steht denn M. [Freundin meiner Mutter] zu dem, was ihre Mutter Dir zu bedenken geben mußte? Halt Dich weiterhin an E., sie ist doch ein mordsprächtiges Mädchen.

Von E. weiß ich, dass sie die (im wahrsten Sinne des Wortes) dickste Freundin meiner Mutter war. Und aus den Briefen meiner Mutter, die ich nicht wiederfinde, weiß ich auch, dass ihre Freundin E. das gleiche Problem hatte wie meine Mutter und dass sie auf abenteuerliche Weise einen Abbruch initiiert hat, der bei ihr wohl auch gelungen ist. E. hat meiner Mutter von dem Vorgehen, das sie selbst angewandt hat, für den Fall abgeraten, dass sie es allein durchführen wolle. Sie solle ihr dann Bescheid geben, so dass sie meine Mutter dabei begleiten wolle. Es sei absolut nicht ungefährlich für Mutter und Kind. In welchem seelischen Feld ich mich damals befand – im Embryonalstadium von 7 Wochen! Und wo habe ich mich nur so geschickt versteckt??

22.7.1953 (59 Tage = 8 ½ Wochen) – Mein Vater schreibt aus seinem Studentenzimmer:

Sehr wenig ist die Kunde von Dir über E. und Dich dazu angetan mir ein immer freudiges Erbeben abzugewinnen. Insgeheim hatte ich doch immer gehofft, die augenscheinlichen Komplikationen hätten sich in Wohlgefallen aufgelöst. Wenn eine Sache aber in einer so großen finanziellen und nicht zuletzt auch moralischen Belastung endet, so kann und soll man sich doch künftig einen recht viel strengeren Maßstab anlegen und nur mit unbedingten Sicherheitsfaktoren rechnen.

Zu spät! dachte ich beim Lesen dieser Zeilen. Ich war aufgerüttelt. Was sollte ich mir daraus nun zusammenreimen? Finanzielle Belastung? Moralische Belastung? Ein Kind in dieser Situation … das mag noch auf die Aussage „finanzielle Belastung“ hindeuten. Aber „moralische Belastung“? Welcher Gewissheit näherte ich mich? Was war damals wirklich abgelaufen, wovon mir nie jemand erzählt hat? Oder es mir vielleicht auch nicht erzählen konnte? Ich las weiter:

Es ist ja auch jetzt noch nicht gesagt, Honey, daß das Befürchtete auf Tatsachen beruht, oder? Greif aber bitte nicht zu den äußersten Radikalmitteln, von denen Du befürchten mußt, daß sie deiner Gesundheit entgegen arbeiten könnten. Du darfst nichts an Gewicht verlieren. Ich werde bemüht sein, nicht dazu beizutragen, daß Du noch mehr abnimmst.

Noch spekulierte ich, wusste nicht, ob ich bereits deuten durfte, was mir so lange unbekannt war. Hatte meine Mutter versucht, mich durch Hungern zu verlieren? Was hat sie damals alles unternommen, um mich aus ihrem Sein zu entfernen? Meine Spannung wuchs … warm … wärmer …

Am 31.7.1953 (68 Tage = 9 Wochen 5 Tage) freut sich mein Vater auf einem Postkärtchen auf ein Wiedersehen. Und ich darf noch immer nicht sein. Im Gegenteil!

Ich griff zum nächsten Brief:

7.8.1953 (10 Wochen 5 Tage) – Mein Vater schreibt von seinem Elternhaus aus an meine Mutter in ihrem Elternhaus (40 km voneinander entfernt). Neue Rätsel tun sich auf:

Für die kommende Woche wünsche ich Dir alles Gute und drücke beide Daumen fest, auf daß alles seine Richtigkeit erhalte … und mach mir keine Dummheiten.

Was für Dummheiten? dachte ich. Wird sich mir da noch etwas erschließen? Was ist für ihn die erwünschte „Richtigkeit“?

Aus Erzählungen meiner Mutter weiß ich, dass sie damals unendlich lange wartete, bis mein Vater seiner Mutter (derzeit schon lange Witwe) „beichten“ würde, was ihm passiert war. Er hat einfach den Mut nicht gefunden und sehr viel Zeit ins Land gehen lassen. Das war zu einem Zeitpunkt, als … aber das steht im nächsten Brief:

22.9.1953 (fast 4 Monate!) – Mein Vater schreibt von zuhause:

Ganz kurz möchte ich Dir mitteilen, daß ich zuhaus klar bin. Ich habe gestaunt über die Offenheit, mit der Mutter die Sache mir gegenüber vertrat. Glaub mir, Honey, ich hab‘ noch nie so vernünftig mit Mutter über irgendein Problem sprechen können – leider! – Mutter hat auch garnicht – wirklich garnicht! – in irgendeiner Form ihren Unwillen gezeigt. Mutter ist im Augenblick – ganz ehrlich! – um nichts mehr bemüht, als darum, uns schnellstmöglich zu helfen, und sie glaubt uns helfen zu können. Das erste, was sie sagte, war, ob wir denn gar keinen gefunden hätten, der uns Hilfe hätte leisten wollen. All das, was Du mir schon gesagt hast, was im Zusammenhang steht mit dem, was uns helfen kann oder könnte, hat sie mir, teilweise genau so wie Du, auch gesagt. Mutter hat Beziehungen und H. (seine Halbschwester – meine spätere Pflegemutter) auch. Im Augenblick weiß uns Mutter nur Hilfe dadurch, daß sich jemand findet, der Dich in einer kleinen klinischen Behandlung von dem befreit, was uns drückt. Du staunst!?? Ich auch, Honey!

An der Stelle musste ich mein Lesen unterbrechen. Mir wurde bewusst, dass alle Menschen in meinem Umfeld, die von mir wussten, nur eines im Sinne hatten: Mich loszuwerden. Ich war ein Störenfried. Und doch habe ich mein Sein durchgesetzt. Alle mich begleitenden geistigen Wesenheiten haben mir den Weg freigehalten. Sonst wäre ich doch nicht hier!?

Ich las weiter … was sollte sich noch offenbaren?

Ich sagte ihr, daß es wahrscheinlich zu spät sei dafür. Darauf sagte sie, daß es das garnicht gebe und daß es auch nach 6(!!) Monaten nicht zu spät sei, wenn nicht besondere Umstände vorliegen.

Also Honey: Laß, bitte, in den nächsten Tagen nicht unnötig viele Deiner Bekannten wissen, was im Moment mit uns ist. Ich hoffe noch sehr. Und habe keine Angst und gräme Dich nicht, ich lasse bald von mir hören.

Der Brief saß! Ich legte ihn beiseite. Ich fühlte etwas sehr Merkwürdiges. Es war weder Wut in mir, noch Traurigkeit. Eher so etwas wie eine zunehmende Helligkeit. Ich spürte genau dieselbe Distanz zwischen meiner Mutter und mir, die unser ganzes gemeinsames Leben begleitet hat.

Aber es tat mir nicht mehr weh. Nein, es war ganz anders. Die Briefe ERKLÄRTEN mir ALLES! Es bedurfte nicht einmal der Vergebung. Denn es war ja geschehen. Und es war nicht zu ändern. Es geschah in einer anderen Zeit, in der eine Schwangerschaft vor Eheschließung ein Skandal war, vor allem im ländlichen Raum. Im Dorf.

Und so ging es dann auch weiter:

1.10.1953 (4 Monate 7 Tage) – Mein Vater schreibt wieder aus seinem Studentenzimmer:

Mein Honey: Von ärztlicher Seite haben wir wohl kaum noch eine Hilfe zu erwarten. Zu Haus wissen es alle und wir wissen es nun auch. Wie gesagt: Aktive Hilfe ist nicht zu erwarten. Ratschläge allerdings sind mir bei meinen Umfragen doch von mehreren Seiten zuteil geworden, was man beginnen könnte, um frei zu sein von dem, was uns bedrückt. Ob es möglich ist, das möchte ich im Augenblick noch dahingestellt sein lassen, und: es liegt nur an uns beiden.

Jedenfalls steht eines fest: Wenn es Dir gelingen sollte, was mir mehrere Ärzte geraten haben (mir erschien es so absurd, darum sprach ich nicht eher davon, aber dazu ist es auch noch nicht zu spät) dann ist das bei weitem nicht so gefährlich, als wenn wir durch irgend einen Arzt die Sache herbeizuführen gewünscht hätten: ich meine einen natürlichen Abgang. Nach der Unterhaltung mit W. K. (wir – beide – sprachen unter uns, unter Männern, und W. wird alles für sich behalten) bin ich etwas in dem Glauben bekräftigt worden, daß noch nichts zu spät ist.

Aber, Honey, um uns rückzuversichern, glaube ich doch, daß ich Mutter den festen Entschluß unterbreiten werde, daß wir baldmöglichst heiraten. Wenn wir dann ein Baby haben werden, ist es gut, wenn nicht, so wollen wir uns zu dem Entschluß durchringen, daß es auch dann gut sei.

Meine Eltern heirateten Ende Oktober 1953. Und ich blieb. Sie sollten ein Baby haben. Mich. Wenn ich heute die Hochzeitsfotos meiner Eltern ansehe, weiß ich, warum meine Mutter so elend darauf aussieht. Auch ich kann mich kaum sonderlich gut gefühlt haben. Mein unsichtbares Sein existierte bereits fünf Monate. Und man sah NICHTS von mir! Denn das Hochzeitskleid meiner Mutter war schwarz und stark tailliert. Ich kann mich auf dem Foto sehen – weggedrückt! Noch immer stand sie nicht zu meinem Sein. Man durfte mich – das spätere Viermonatskind – erst nach der Hochzeit sehen. Als ob nicht alle Menschen rechnen konnten. Doch immerhin kam ich als Kind eines Ehepaares auf die Welt – und damit war diese doch irgendwie wieder in Ordnung.

Was meine Mutter noch alles in der frühesten Zeit meines Seins unternommen hat, will ich an dieser Stelle nicht näher erläutern. Ich habe noch einige Erkenntnisse aus Dokumenten gewonnen. Nur einen Traum, den ich viele Male während Krankheitsphasen in Fiebernächten hatte, möchte ich noch schildern. Er spricht für sich:

Ich lag in meinem Kinderbett. Ich fühlte mich heiß und niedergedrückt. Meine Zunge fühlte sich dick und schwer an. Ich lag im Dunkeln. Ich konnte nachts den Blick direkt auf unsere Kinderzimmertür richten. Unter der Tür befand sich ein breiter Abstand zum Linoleumboden. Dieser spielte in diesen mehrfach aufgetretenen Fieberträumen eine wichtige Rolle. Ich „sah“ darin meine Mutter auf der anderen Seite der Tür. Sie schüttete mit einer großen runden Plastikwanne Wasser unter der Tür her. Das Wasser kam mehrmals im Schwall auf mich zu, doch erreichte es mich kein einziges Mal. Meine dicke und sehr schwere Zunge, die möglicherweise in meiner Krankheit tatsächlich angeschwollen war, streckte ich im Traum weit weit heraus. Ich konnte sie bis zur Tür hin ausdehnen. Heute weiß ich, was es war:

Ein großes und selbstbewusstes BÄÄÄH! 

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Zu den Wasserschüttungen möchte ich keine weiteren Erläuterungen geben, denn Träume, die so häufig wiederkehren, verarbeiten kein aktuelles Tagesgeschehen. Schon gar nicht, wenn man sich sein Leben lang an sie erinnert. Auch ihr Rätsel ist für mich endgültig gelöst.

Nach dem Lesen der Briefe offenbarten sich mir unzählige Situationen meines Lebens mit meiner Mutter als ganz natürliche Konsequenzen einer früh angelegten und niemals bewusst aufgearbeiteten NICHT-Beziehung.

Das Wesentliche war für mich: Unser Seelenvertrag war erfüllt! Ich bin meiner Mutter dankbar für alles, was sie trotz dieser verheimlichten Distanz für mich getan hat. Ich lebe, ich darf leben und ich bin so frei wie nie zuvor im Leben. Mein Karma ist aufgelöst.

Ich weiß, dass unser beider Seelen miteinander eine große Heilung erfahren haben. Meine Mutter selbst hat diese Heilung initiiert. Dadurch, dass sie diese Briefe alle aufgehoben hat und dadurch, dass sie mir mit einem Lächeln immer wieder empfohlen hat: „Wenn ich nicht mehr da bin, ...“

 

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Der Gang über die Schwelle

Nach der großen Offenbarung dieses Lebensgeheimnisses, das meine Mutter mir verständlicherweise vorenthalten hat, habe ich sie – zwei Monate vor ihrem Himmelsgang – auch nicht mehr im Heim besucht. Ich hatte mich schon lange irdisch von ihr gelöst. Und nun waren wir auch im Himmel miteinander auf Augenhöhe gekommen. Meine Trauer war beendet. Alles war gut so. Sie hätte in ihrem dementen Zustand nicht verstanden, was ich ihr hätte sagen mögen. Es war auf einer anderen Ebene gelöst.

Es hat nicht einen einzigen Moment gegeben, in dem sie nach mir gefragt hat. Vielleicht war sie dem Himmel aber auch schon so nahe, dass sie wusste, dass sie nun friedlich würde gehen können. Vielleicht hat sie in ihren Träumen gesehen, dass das große Geheimnis aus unserer Welt verschwunden war. Ich weiß es nicht.

Ich habe vor dem Himmelsgang meiner Mutter immer gewusst, dass ich sie dabei im irdischen Sinne nicht begleiten würde. Es war eine feste Gewissheit.

Und so geschah es dann:

Vierzehn Tage vor ihrem Heimgang – in der ersten Maihälfte 2022 - bekam meine Mutter Besuch  von meinem Bruder und seiner Frau. Beide hatten einen sehr positiven Eindruck von ihr. Sie sagten ihr mehrmals, dass sie sich doch gut erholt habe seit dem Krankenhausaufenthalt im Oktober.

Das berührte sie nicht. Sie sagte nichts zu diesen wohlgemeinten Komplimenten. Stattdessen sagte sie (wörtlich – mein Bruder hat es aufgezeichnet):

Mutter (M): Da hinten steht‘n Auto, das immer …

Bruder(B): blinkt?

M: an aus an aus an aus … so jetzt fährt er …

B: Ah ja …

M nuschelt was vor sich hin …

M (wieder mit gehobener Stimme und sehr überzeugend): Ich hab mit all dem nichts mehr zu tun. Da bin ich … heute … morgen … heute … morgen … wann ist es so …? Dann bin ich weg.

B: Das hättest du früher nicht gesagt, das hast du in letzter Zeit häufiger gesagt.

M: Ja … auf jeden Fall kann’s mir jeden Tag … heute … morgen kann mir‘s passieren.

S: Uns kann auch jeden Tag was passieren.

M: Tja, da kann ich nichts ändern. Da isses eben so, wie es ist.

Danach folgen ein paar Gesprächsversuche über ihre Haare, ihre Kleidung. Sie versteht nicht die Erklärung meines Bruders, dass ich ihr die besorgt habe und nach dem Abhören des Gesprächs denke ich schon wieder: Sie mag die Kleidung nicht, denn das sagt sie ganz deutlich. Nicht triggern lassen! Es ist vorbei mit dem Getrigger!

M: Ja, ich muss mal sehen, dass ich denn noch … ob ich noch eins zwei drei Tage so … da ist nicht mehr drin bei mir. Jaa … (seufzt leicht) … das macht der Himmel.

 

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Der Übergang

Zwei Wochen später … 21. Mai 2022 – Samstag vor Pfingsten:

Ich hatte noch den Schlafanzug an. Schnell lief ich aus der Küche ins obere Stockwerk, um mein Handy zu holen. Das musste ich fotografieren und es gleich meinem Bruder schicken! Seit fast neun Jahren, seit dem Tod unseres Vaters, hatte unsere Mutter sie gesammelt, die vielen Todesanzeigen. Todesanzeigen von Menschen, deren Namen mir etwas bedeuteten. Unsere frühere Vermieterin war dabei, deren Schwester, mein erster Grundschullehrer. Mein Leben zog an mir vorüber. Wie riesige Körperfaszien spannten sich die Anzeigen durch meine Lebensmuskeln. Da - ein Kollege meines Vaters. Auch schon tot, dachte ich. Wie alt wurde er eigentlich? Sieh mal an, er war ja jünger als mein Vater, wurde aber doch älter als er. Und hier … mein damaliger Hausarzt. Der ist aber alt geworden! Wie so viele Ärzte. 97 Jahre!

eigenes Foto

Ich legte die Anzeigen auf den Küchenschrank, fächerte sie ein wenig auf und dachte schon an das Handyfoto, das ich noch am selben Tag meinem Bruder mailen wollte.

Doch noch bevor ich auf den Fotoauslöser tippen konnte, klingelte das Handy in meiner Hand. Bereits vorm zweiten Klingeln war ich dran und hörte … eine weinende Stimme!

Was war passiert?

Ich muss den Kalender um einen Tag zurückstellen.

Am 20. Mai hatte ich mir abends mal wieder vorgenommen, mich mit einem Fundstück aus dem Nachlass meiner Eltern zu beschäftigen. Meine Mutter lebte inzwischen fast ein halbes Jahr im Heim, ihr Haus stand leer und ich hatte schon viele persönliche Dinge herausgesucht und sie mitgenommen, um sie zuhause genauer zu studieren und dann zu entscheiden, was davon endgültig entsorgt werden sollte. Nicht nur die Briefe meiner  Eltern waren von einem geheimnisvollen Schleier umhüllt, der mich mit Spannung ans Werk gehen ließ. Was würde mich dieses Mal erwarten?

An jenem Abend griff ich mir eine Kladde. Es war eine besondere, die sich von allen anderen abhob, in denen sorgfältig die Ausgaben aufgezeichnet waren. Diese hatte hinten eine Spiralheftung, das Papier war randlos mit Rechenkästchen bedruckt. Entsetzen erfüllte mich, als ich mit dem Lesen begann. In diesem Dokument hatte meine Mutter unter äußerster Ausnutzung des Papiers, also ohne Zeilenabstände und von Rand zu Rand, an jedem einzelnen Tag das Leben meines Vaters protokolliert. Sie hatte seine Krankheit bis ins feinste Detail dargestellt. Welche Medikamente er in welchem Umfang und wann bekam. Wann sie entschieden hatte, die Tabletten für ihn abzusetzen, weil sie deren Einnahme nicht mehr für notwendig gehalten hatte. Wie es ihm ging. Gute und schlechte Tage. Erneute Arztbesuche, weil sein Krankheitszustand sich wieder verschlechtert hatte. Was sie mit ihm unternommen hatte, was ging und was nicht. Bitterkeit und Verzweiflung sprachen aus diesen Aufzeichnungen. Ich hatte ja aus der Ferne sehr wohl mitbekommen, was in meinem Elternhaus ablief. Ich war oft dabei gewesen, wenn es meinem Vater nicht gut ging, hatte oft mit meiner Mutter telefoniert. Aber so detailliert? Ich fragte mich, wie meine Mutter sich beim Aufschreiben wohl gefühlt hatte. Beim Lesen konnte ich mich mehr und mehr in sie hineinversetzen. Das Geschriebene wirkte auf mich erneut wie dieses klebrige Spinnennetz, aus dem ich mich doch längst befreit glaubte. Ich bekam Kopfschmerzen. Trotzdem las ich immer weiter. Ich las Aufzeichnungen von Tagen, an die ich mich genau erinnern konnte. An diesem Tag hatten wir miteinander telefoniert, an jenem war mein Vater ins Krankenhaus gekommen. Ich war wieder mittendrin! Dabei war mein Vater doch schon neun Jahre von seinem Leiden befreit.

Als ich auf die Uhr schaute und vier Nullen mit einem Doppelpunkt sah, wachte ich aus dem Lesealbtraum auf und riss mich mit einem kräftigen Ruck aus dem Spinnennetz los. Ich fragte mich, warum ich mich diesen schmerzhaften Gefühlen eigentlich noch einmal aussetzte. Mein Rücken schmerzte, auch mein Bauch. Warum machte ich das? Ich fügte meinem ersten Ruck noch einen zweiten hinzu, nahm den ganzen Stapel mit Kladden und legte ihn auf die unterste Stufe der Treppe ins Erdgeschoss, um ihn am nächsten Morgen in den Karton mit dem Schreddermüll zu werfen. Weg damit! Das ist gelebt und durch, dachte ich. Sie hat es hinter sich, ebenso mein Vater und auch ich.

Ich auch? Warum dann um Himmels Willen las ich darin wie eine Süchtige? Habe ich die Leidensgeschichte wirklich – wirklich! – ganz losgelassen? Warum dieses Missbefinden im ganzen Körper?

Mit diesen Gedanken legte ich mich schlafen. Alles war irgendwie gut. Ich hatte losgelassen. Morgen nur noch eine Handbewegung … weg! Ausgelebt! Neues beginnen!

Der Schlaf schaffte es nicht, mich von meinen Beschwerden zu erlösen. Dabei hatte ich gar nicht mal schlecht geschlafen. Aber beim Aufwachen kehrte das Schmerzbewusstsein zurück. Überall dort, wo es in der Nacht zuvor mit mir in den Schlaf hinabgetaucht war.

 

21. Mai …

zögerlich stand ich auf und kam auf dem Weg zum Bad an der Treppe vorbei. Beim Blick nach unten sah ich meinen Schmerzauslöser noch auf der untersten Stufe liegen. Den Stapel mit den Kladden. Ich wollte nicht mehr daran erinnert werden. Endlich weg damit! Also ging ich zuerst die Treppe hinunter, noch vor dem Zähneputzen, vor der Morgentoilette. Ganz unten bückte ich mich, nahm die Kladden in die Hand, um sie in den Keller zur Schredderkiste zu bringen, als etwas aus einem Heft herausfiel. Es war ein Stapel Traueranzeigen. Neugierig hob ich sie auf und ging damit in die Küche. Ich breitete sie fächerförmig auf dem Küchenschrank aus und nachdem ich sie einzeln studiert hatte, lief ich nach oben, um mein Smartphone zu holen. Das sollte mein Bruder mal sehen!

Ganz fix hüpfte ich die Treppe wieder nach unten, eilte in die Küche, schaltete das Smartphone an … und in dem Moment, als ich auf den Fotoauslöser tippen wollte, klingelte das Gerät. Bereits vorm zweiten Klingeln war ich dran und hörte … meinen Bruder - weinend: „Du … Mutti ist heute Morgen nicht mehr … sie ist … ja … sie ist … gestorben.“

Mehr konnte er nicht sagen. Ich auch nicht. Meine Schmerzen waren wie weggeblasen. Mein Wunsch war in Erfüllung gegangen: Meine Mutter war mit ihren 91 Jahren einfach eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Kein Leiden mehr, kein erneuter Krankenhausaufenthalt, keine Bettlägerigkeit am Lebensende. Unser gemeinsamer Seelenvertrag war erfüllt. Wir hatten uns beide losgelassen. Ihre letzten, von mir gelesenen Aufzeichnungen waren das Ende des Fadens gewesen. Die Traueranzeigen hatten alles besiegelt.

Einige Tage später erzählte mir die Pflegerin meiner Mutter, dass sie am Morgen zur Arbeit gekommen sei, als gerade ein Zinksarg aus dem Heim getragen worden sei. „Wer ist denn heute Nacht gestorben?“, habe sie gefragt. „Die Frau B.“, habe man ihr gesagt. Sie habe es gar nicht glauben können, denn bei der Vorbereitung aufs Zubettgehen sei meine Mutter am Abend vorher noch guter Dinge gewesen, habe sich auch überhaupt in der letzten Zeit recht gut von ihrem schlimmen Blutverlust erholt. Ja, sie habe schon hier und da mal angedeutet, dass sie nicht mehr so gern leben wolle. Aber jetzt habe doch niemand damit gerechnet.

War dies mein Anteil am Loslassen, dieses letzte Fädchen, diese Kladde der Schmerzen? War es die letzte Faser unseres Seelenvertrags, die nun gerissen war? Es fühlte sich so klar und richtig an.

„… das macht der Himmel.“ Das waren die letzten Worte, die ich von meiner Mutter gehört und sehr gut in Erinnerung behalten habe. Wir alle wissen, ohne zu wissen, dass wir wissen.

Für mich war es eine Perle, die mir ein Engel vom Himmel geschickt hatte. Für sie und für mich. Denn beide waren wir nun frei.

Und am nächsten Tag, dem Tag nach der Himmelfahrt meiner Mutter, feierte ich Pfingsten. Den Feiertag meiner Entstehung, nicht den meiner Geburt! Den Feiertag des Heiligen Geistes, an dem wir uns erinnern, dass wir alle dieselbe Sprache sprechen - die Herzenssprache der Liebe!

Und ich erinnerte mich, was meine Mutter mir vor gar nicht so langer Zeit verraten hatte: „Das kann ich dir versichern. Du kamst für uns zwar zu früh. Wir waren ja noch nicht verheiratet. Aber du warst ein Kind der Liebe. Es passierte zu Pfingsten ...“, und dabei hatte sie wie ein junges Mädchen gekichert.

Ob sie wohl daran dachte? In dem Moment, als sie ihre Reise zum Himmelstor antrat? Zu Pfingsten im Jahr 2021? Als der Heilige Geist uns über dieses Fest endlich seelisch wieder in die Einheit der Liebe brachte – die in der Freiheit des Geistes besteht?

 

eigenes Foto

Die Heilung der Ahnen

Ein Familienaufsteller hätte bei dieser Geschichte in die Hände geklatscht, denn sie macht deutlich, dass unsere Ahnen immer noch fortleben, und zwar auch dann, wenn sie bereits vor langer Zeit von uns gegangen sind.

So trage ich heute die Gewissheit in mir, dass unsere Lebensgeschichte nicht nur meine Mutter und mich, sondern auch meine Großmutter und meine Mutter in ihrer Mutter-Tochter-Beziehung geheilt hat. Meine Großmutter ist nicht lange vor meinem irdischen Erscheinen auf die andere Seite gegangen. Ihre Energien haben in mir eine Fortsetzung gefunden. Warum sonst hat meine Mutter mir den Vorwurf gemacht, ich würde sie nicht lieben? Solche erkrankten Beziehungen zwischen Menschen setzen sich so lange fort, bis das Licht der Wahrheit sie zum Schmelzen bringt und ausheilen lässt.

Ich bin heute dem Himmel dankbar für diesen Wandel, den wir als Ahnenreihe mit unseren Leben erfahren durften. Alles hat mich immer dorthin getrieben, auf geistigem, auf spirituellem Wege in Harmonie mit mir selbst und den Menschen zu kommen, mit denen ich lebe und lebte. Wir Menschen sind eine EINheit, wir verlieren uns nie. Als geistige Wesen bleiben wir auf ewig miteinander verbunden. Im Kleinen in der Familie wie auch im Großen in der Menschheit. Was EINSt EINS war, kann niemals getrennt werden und unterliegt nur der Illusion der Trennung.

Danke Mutti – danke Himmel!

Und danke für Deine wunderschöne Rose, die nun in meinem Garten blühen darf!

Bei der Bestattung der Urne meiner Mutter hörten wir drei Musikstücke.

Mein Bruder wählte Imagine - John Lennon.

Meine Mutter "wählte" das Schlaflied von Max Raabe.

Meine Mutter liebte Max Raabes Lieder. Sie hatte viele CDs von ihm und war immer ganz begeistert, wenn sie eine neue geschenkt bekam.

Ich wählte Beethovens Ode to Joy.

 

 

© Ulrike Nikolai

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