AnFLUG von VOGALISIERUNGSvorhaben - eine wahre Posse

                           Ostlippe-Kolumne                      Samstag, 10. Juni 2023

Neuerdings werden Tendenzen zur Globalisierung auch im Tierreich beobachtet

Ulrike Nikolai

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Kreis Lippe.  Zwei Vögel - eine Sprache. So etwas hatte Henriette Besenkötter noch nie erlebt. Sie saß am gestrigen Nachmittag gemütlich mit einem Buch und einer Tasse Tee auf ihrer Terrasse, als sie plötzlich aufschreckte. Der Wind bewegte die Markise so heftig, dass Frau Besenkötter nach der Fernbedienung griff, um den gefährdeten Stoff weiter einzufahren. Aus dem prächtigen Kirschbaum, der im Zentrum ihres Gartens steht, vernahm sie im selben Moment vertraute Geräusche. Zwar ist dieser Vogel, dessen Sprache sie gleich zuordnen konnte, unter den vielen Singvögeln, die täglich ihren Kirschbaum besuchen und darin fröhlich herumturnen, ein seltener Gast, doch hört H. Besenkötter sein lautes Knarzen und Schnarzen oft genug in der näheren Umgebung mit ihren vielen hohen Bäumen, um in diesem Moment mit Gewissheit feststellen zu können, dass sich eine Elster in ihrem großen Baum niedergelassen hat.


Sehr bald konnte sie den mächtigen schwarzblau-weißen Vogel, den man auch als Orca der Lüfte bezeichnet, zwischen den Ästen herumspringen sehen. >Knaaarrzkräächzschnarrz< tönte es aus der Krone des majestätischen Baumes. "Schwerfällig hüpfte das Tier von Ast zu Ast", so beschreibt es die Pensionärin. "Doch plötzlich änderte sich dieses Schnarzen und Knarzen und ich schaute dem Vogel verdutzt hinterher", ergänzt die freundliche alte Dame, für die das Beobachten der geflügelten Gäste in ihrem Garten eine Leidenschaft geworden ist. "Ich kenne viele Vogelstimmen, kann die Geflügelten - das glaube ich wohl behaupten zu dürfen - durch jahrelanges Üben sehr gut an ihren Stimmen unterscheiden. Auch aus diesem Grunde suchte ich sofort nach der Silhouette eines anderen Vogels, denn das Schnarzen und Knarzen ging ohne Pause in ein feineres Schnasseln über, das ich sonst nur von den vielen Staren kenne, die sich jeden Sommer an meinen Kirschen gütlich tun. Ich ließ meinen Blick mehrere Male hin und her durch den Blätterwald schweifen, doch war kein Star zu sehen. Also tat ich es als eine ungenaue Wahrnehmung ab und setzte meine Lektüre fort. Doch konnte ich mich nicht recht konzentrieren, denn wieder hörte ich aus dem Schnabel dieses wohlbekannte Knarzen und Schnarzen, das sich übergangslos in ein viel feineres Schnasseln verwandelte. Ich staunte über diese Ausdrucksweise einer Elster, von der ich sonst nur dieses freche Rabenkrächzen kenne. Der Vogel saß nur etwa acht Meter von mir entfernt und ich wollte gerade aufstehen, um vorsichtig etwas näher an den Kirschbaum heranzutreten, als er mich wahrnahm und schnell die Flucht ergriff. Doch was ein paar Minuten später geschah, das schlug dem Fass den Boden aus: Ein Star kam herangeflogen, setzte sich auf einen Kirschbaumast, schaute umher, ob es nicht vielleicht schon eine reife Kirsche gebe, doch schien er nichts Zufriedenstellendes zu finden. Anschließend schaute er mal nach rechts, mal nach links und begann dann mit dem mir so vertrauten Geschnassel. Ich mag dieses Geschwatze der Stare sehr, vor allem, wenn sie in großen Scharen auftreten. Zwar ergötzen sie sich an einem Großteil der jährlichen Kirschenernte, aber mir sind die Kirschen eh immer zu viele, so dass ich ihnen gern das Erntefeld überlasse. An Lesen war nicht mehr zu denken, daher erfreute ich mich an diesem Starengezwatscher. Doch ... was war das? Genauso übergangslos, wie vorher die Elster in ein Starengezwatscher verfallen war, verfiel jetzt der Star in ein Elstergeknarze. Nein, die Elster war nicht zurückgekommen, denn das Geknarze des Stars unterschied sich doch insofern von dem der Elster, als es ein Geknarze in Miniaturformat war. Ich amüsierte mich köstlich und dachte nur: Da werde ich so alt wie eine Kuh und lerne immer noch dazu!"

Nach dieser lustigen Schilderung musste auch ich lachen und nahm anschließend Kontakt mit einem stadtbekannten pensionierten Pastor auf, der sich die Ornithologie zum Hobby erkoren hat und dieses seit Pensionsbeginn mit großer Leidenschaft betreibt. Als Journalistin erhoffte ich von ihm zu erfahren, ob er dieses Phänomen vielleicht erklären könne. Nachdem ich ihm berichtet hatte, was Frau Besenkötter erlebt hatte, lachte er laut auf und als er sich wieder beruhigt hatte, sagte er:

"Da Sie gerade mich ansprechen, möchte ich zu diesem besonderen Phänomen zuerst ein paar Sätze aus der Apostelgeschichte zitieren. Sie wissen ja von meinem früheren Beruf.

Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle beieinander an einem Ort. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Sturm und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt und wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab.

Und - was denken Sie?" 

Ich war verblüfft über diese Analogie. Auch angesichts der Tatsache, dass zu Beginn der vogelhaften Sprachäußerungen in Frau Besenkötters Kirschbaum eine heftige Windbö ihre Markise zu zerstören gedroht hatte. Und sprachen nicht tatsächlich auch ihre zwei Vögel in anderen Sprachen? Welcher Geist hatte ihnen dies eingegeben? 

Dieses besondere Phänomen machte mich zutiefst nachdenklich. Ist es ein Merkmal der heutigen Zeit, dass nicht nur wir Menschen eine zunehmend globalisierte Welt anstreben? Zieht jetzt sogar die Tierwelt nach? Wurde hier ein eindeutiges Zeichen entsprechender AnFLÜGE im Reich der Geflügelten erkennbar? Befinden sich nun auch die Geflügelten über uns mitten in einem VOGALISIERUNGprozess?

Dies wird mithilfe namhafter Wissenschaftler aus Biologie und Gesellschaftspolitik zu erörtern sein. 

Kontakt zur Autorin per Mail an unik@t.de (Fake!)

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Foto (Elster) von Abhijit M auf Unsplash - danke! 🙏🏻

Foto (Globus) von Gerd Altmann auf Pixabay - danke! 🙏🏻

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